Das Wichtigste in Kürze:
- Das Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments, das von Ehepaaren und eingetragenen Lebensgemeinschaften genutzt werden kann.
- Es regelt, dass nach dem Tod eines Partners die überlebende Person zunächst Alleinerbe wird.
- Die gemeinsamen Kinder oder andere Erben erben erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners / Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft.
- So soll sichergestellt werden, dass das gesamte Vermögen zunächst beim überlebenden Partner bleibt.
- Trotzdem können die Kinder nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil geltend machen.
- Das Berliner Testament unterscheidet sich von der Vor- und Nacherbschaft , bei der der Erbe des Erstverstorbenen das Vermögen nicht vollständig frei verwalten kann.
- Es gibt Gestaltungsmöglichkeiten, um Nachteile zu vermeiden, etwa durch Pflichtteilsstrafklauseln oder bestimmte Anordnungen zur Vermögensverwaltung.
Das Berliner Testament ist eine beliebte Testamentsform für Ehepaare und eingetragene Lebensgemeinschaften. Es dient dazu, den überlebenden Partner finanziell abzusichern und die Erbfolge klar zu regeln. Aufgrund von ungenauen Formulierungen ist die Abgrenzung zwischen Berliner Testament und Vor- und Nacherbfolge nicht immer ganz einfach vorzunehmen. Die rechtlichen Folgen der beiden Formen der Nachlassregelung unterscheiden sich deutlich. Im Folgenden zeigen wir anhand konkreter Beispiel, welche Gestaltungsmöglichkeiten es bei einem Berliner Testament gibt und welche rechtlichen Folgen sie haben.
Grundprinzip: Wie funktioniert das Berliner Testament
Beim Berliner Testament setzen sich Ehepartner (oder Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft) gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen ihre Kinder oder andere Personen als Schlusserben. Dadurch bleibt das Vermögen zunächst beim überlebenden Ehegatten, sodass dieser finanziell abgesichert ist.
Beispiel: Maria und Peter sind verheiratet und haben zwei Kinder, Lisa und Max. Sie setzen in ihrem Berliner Testament fest, dass im Falle des Todes eines Ehepartners der andere Alleinerbe wird. Erst nach dem Tod des Letztversterbenden sollen Lisa und Max das Vermögen zu gleichen Teilen erben.
Was sind die Rechtsfolgen?
Dies entspricht der klassischen Regelung des Berliner Testaments. Die Kinder erben erst nach dem Tod des zweiten Elternteils, haben jedoch bereits nach dem ersten Erbfall einen Pflichtteilsanspruch, falls sie nicht so lange warten möchten. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Enterbung, sondern lediglich um eine Verzögerung des Erbes, da die Kinder nach dem Tod des überlebenden Elternteils als Schlusserben vorgesehen sind.
Eine Familiensituation – zwei unterschiedliche Nachlassgestaltungen
Nun geht es um die Familie Meier: Anna und Bernd Meier haben zwei Kinder, Lisa und Tom.
Variante 1
In ihrem Berliner Testament setzen sie sich gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen ihre Kinder als Schlusserben.
- Nach dem Tod von Bernd erbt Anna das gesamte Vermögen. Lisa und Tom gehen zunächst leer aus, haben aber die Möglichkeit, ihren Pflichtteil (die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils) einzufordern.
- Nach Annas Tod erben Lisa und Tom dann alles, was von Annas Vermögen übrig ist. Sie können über ihren Erbteil frei verfügen.
Folge: Der überlebende Ehegatte ist finanziell abgesichert und kann das geerbte Vermögen uneingeschränkt nutzen. Die Kinder erhalten ihr Erbe jedoch erst nach dem Tod des zweiten Elternteils – es sei denn, sie machen bereits nach dem ersten Erbfall ihren Pflichtteil geltend.
Variante 2
Statt eines Berliner Testaments entscheiden sich Anna und Bernd für eine Regelung mit Vor- und Nacherbschaft. Hier wird festgelegt, dass Anna nur Vorerbin und Lisa und Tom Nacherben sind.
- Nach Bernds Tod erbt Anna zwar das Vermögen, darf es aber nicht vollständig frei verwalten oder weitervererben. Bestimmte Verfügungen, wie das Verschenken großer Teile des Nachlasses oder das Einsetzen neuer Erben, sind ihr nicht erlaubt.
- Nach Annas Tod geht das verbliebene Vermögen automatisch auf Lisa und Tom über. Sie sind von Anfang an als Nacherben festgelegt, und ihr Anspruch kann nicht umgangen werden.
Folge: Anders als beim Berliner Testament bleibt das Vermögen weitgehend in der Familie, da der überlebende Ehegatte es nur verwaltet, aber nicht völlig frei darüber verfügen kann. Die Kinder müssen zwar ebenfalls warten, sind aber stärker abgesichert, weil ihr Erbe nicht durch Schenkungen oder neue testamentarische Verfügungen geschmälert werden kann.
Auslegungssache: Berliner Testament oder Vor- und Nacherbenregelung
Unklarheiten bei der Testamentserstellung können leicht entstehen, wenn die Formulierungen nicht eindeutig sind oder die rechtlichen Unterschiede zwischen einem Berliner Testament und einer Vor- und Nacherbschaft nicht klar bedacht wurden. Ein Beispiel zeigt, wie es zu Missverständnissen kommen kann.
Konkretes Beispiel
Beispiel: Die Eheleute Maria und Peter Schulz haben zwei Kinder, Sophie und Max. In ihrem handschriftlichen Testament schreiben sie:
„Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein. Unsere Kinder sollen nach dem Tod des Letztversterbenden alles erben.“
Wo liegen die rechtlichen Ungenauigkeiten?
Auf den ersten Blick klingt dies nach einem klassischen Berliner Testament – der überlebende Ehegatte erbt alles, die Kinder erben erst später. Doch genau hier kann es zu Unklarheiten kommen:
Fehlende Klarstellung zur Erbenstellung
- Meint „Alleinerbe“ tatsächlich eine Vollerbschaft, bei der der überlebende Ehegatte das Vermögen uneingeschränkt nutzen kann?
- Oder sollte der überlebende Ehegatte nur Vorerbe sein, sodass das Vermögen für die Kinder als Nacherben erhalten bleibt?
Unklarheit über Verfügungsrechte
- Wenn Maria nach Peters Tod Alleinerbin wird, darf sie frei über das Erbe verfügen, also etwa einen neuen Ehepartner als Erben einsetzen oder Teile des Vermögens verschenken.
- Falls aber eine Vor- und Nacherbschaft gewünscht war, hätte sie nicht unbegrenzt über das geerbte Vermögen verfügen dürfen – dies müsste ausdrücklich im Testament stehen.
Fehlende Regelungen zu Pflichtteilsansprüchen
Falls Sophie und Max sofort nach dem Tod von Peter ihren Pflichtteil einfordern, könnte Maria in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel hätte dies verhindern können.
Wie könnte eine eindeutige Formulierung aussehen
- Eine klare Formulierung wie:
- Berliner Testament:
„Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerben ein. Unsere Kinder sind unsere Schlusserben.“
- Vor- und Nacherbschaft:
„Wir setzen uns gegenseitig als Vorerben ein. Unsere Kinder Sophie und Max sind Nacherben.“
- Berliner Testament:
Vorteile und Herausforderungen des Berliner Testaments
Ob ein Berliner Testament die richtige Lösung ist, hängt vom Einzelfall ab. Daher sollten sich Erblassende vor der Entscheidung für eine Testamentsform über die rechtlichen Folgen bewusst werden und sich durch einen Fachanwalt, eine Fachanwältin oder einen Notar, eine Notarin beraten lassen.
Vorteile des Berliner Testaments
- Absicherung des überlebenden Ehepartners: Der Ehepartner kann das Vermögen uneingeschränkt nutzen und bleibt finanziell abgesichert.
- Einfache Umsetzung: Ein Berliner Testament kann handschriftlich erstellt und gemeinsam unterschrieben werden.
- Schutz des Familienvermögens: Durch Vor- und Nacherbschaft kann der Nachlass in der Familie gehalten werden.
Herausforderungen eines Berliner Testaments
- Bindungswirkung: Änderungen am Testament nach dem Tod des Erstversterbenden sind oft nur schwer möglich.
- Pflichtteilsansprüche der Kinder: Kinder könnten nach dem ersten Erbfall ihren Pflichtteil einfordern und damit das Vermögen des überlebenden Elternteils reduzieren.
- Steuerliche Aspekte: Das Vermögen kann durch die zweifache Vererbung (zuerst an den Ehepartner, dann an die Kinder) doppelt der Erbschaftssteuer unterliegen.