Das Wichtigste in Kürze:
- Verheiratete Partner verfügen über zwei Vermögensmassen: persönliches (Anfangs-) Vermögen und Zugewinn (während der Ehe erworbenes Vermögen)
- Der Zugewinn errechnet sich aus der Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen
- Die gesetzliche Regelung kann durch einen notariell beurkundeten Ehevertrag angepasst werden
- Beim Tod eines Ehepartners oder einer Ehepartnerin erfolgt der Zugewinnausgleich pauschal über eine Erhöhung des Erbteils
Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft
Der gesetzliche Güterstand in Deutschland ist die sogenannte Zugewinngemeinschaft. Diese gilt automatisch für alle Ehepaare, die keinen Ehevertrag abgeschlossen haben, also in der Praxis für die große Mehrheit.
Geregelt ist die Zugewinngemeinschaft in den §§ 1363–1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Ehepartner können durch einen notariell beurkundeten Ehevertrag eine andere Vermögensordnung wählen – etwa die Gütertrennung oder die Gütergemeinschaft. Fehlt ein solcher Vertrag, gilt der gesetzliche Regelfall: die Zugewinngemeinschaft.
In der Zugewinngemeinschaft bleibt das Vermögen der Eheleute getrennt. Jeder Ehepartner behält sein eigenes Vermögen und verwaltet es selbst – sowohl das, was er vor der Ehe besessen hat, als auch das, was er während der Ehe hinzuerwirbt.
Ein gemeinsames Vermögen entsteht nicht automatisch durch die Ehe. Erst wenn die Ehe endet, etwa durch Scheidung oder den Tod eines Ehepartners, kommt es zu einem sogenannten Zugewinnausgleich.
Beispiel: Lena und Lukas heiraten, ohne einen Ehevertrag zu schließen. Lena hat vor der Ehe 5.000 € auf dem Sparkonto, Lukas besitzt ein Auto im Wert von 8.000 €. Beide behalten diese Werte als eigenes Anfangsvermögen. Während der Ehe verdient Lena 50.000 €, Lukas verdient 30.000 €. Wenn die Ehe endet, wird verglichen, wie viel jeder hinzugewonnen hat. Derjenige mit dem geringeren Zugewinn, hier also Lukas, erhält einen hälftigen Ausgleich.
Der Ausgleich in der Zugewinngemeinschaft zu Lebzeiten
Der gesetzliche Güterstand in Deutschland ist die Zugewinngemeinschaft. Sie gilt automatisch für alle Ehepaare, die keinen Ehevertrag geschlossen haben (§§ 1363–1390 BGB). Nur durch einen notariell beurkundeten Ehevertrag können Ehepaare alternativ die Gütertrennung oder Gütergemeinschaft vereinbaren.
Das bedeutet konkret: Wenn nichts anderes geregelt ist, wird das Vermögen der Ehepartner automatisch nach den Regeln der Zugewinngemeinschaft geordnet. Diese Regelung betrifft also die meisten Ehepaare in Deutschland.
Bestandteile des Zugewinns
Der Zugewinn bezeichnet die Vermögenssteigerung, die eine Ehepartnerin oder ein Ehepartner während der Ehe erzielt hat. Er ergibt sich rechnerisch aus der Differenz zwischen dem Vermögen am Ende der Ehe (Endvermögen) und dem Vermögen zu Beginn der Ehe (Anfangsvermögen):
Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen
Zum Zugewinn zählen grundsätzlich alle Vermögenswerte, die während der Ehe entgeltlich – also gegen Gegenleistung – erworben wurden. Dazu gehören insbesondere:
- Einkommen aus nichtselbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit
- Zinsen, Mieteinnahmen und Dividenden
- Entschädigungen bei Berufsunfähigkeit
- Renten- und Sozialversicherungsansprüche
- Erträge aus Vermögensgegenständen, die während der Ehe erworben wurden
Auch Gegenstände, die mit Mitteln aus dem Zugewinn neu angeschafft werden, zählen wiederum zum Zugewinn, selbst dann, wenn sie am Ende der Ehe noch vorhanden sind.
Beispiel: Kauft eine Ehepartnerin oder ein Ehepartner während der Ehe eine Eigentumswohnung aus erspartem Einkommen, gehört diese Wohnung, ebenso wie eventuelle Mieteinnahmen daraus, zum Zugewinn. Dies gilt, sofern das eingesetzte Kapital nicht aus vor der Ehe vorhandenem oder geerbtem Vermögen stammt.
Dem Zugewinn entzogene eigene Vermögensgegenstände der Eheleute als Anfangsvermögen
Nicht alles, was während der Ehe in das Vermögen einer Ehepartnerin oder eines Ehepartners gelangt, zählt automatisch zum Zugewinn. Bestimmte Vermögenswerte sind dem Zugewinnausgleich entzogen, weil sie rechtlich als sogenanntes eigenes Vermögen gelten – selbst wenn sie erst während der Ehe erworben werden.
Diese Vermögenswerte werden bei der Berechnung des Zugewinns nicht als Zugewinn berücksichtigt, sondern dem Anfangsvermögen der betreffenden Person zugerechnet. Dadurch erhöhen sie das Anfangsvermögen fiktiv und mindern den rechnerischen Zugewinn entsprechend.
Zum eigenen (privilegierten) Vermögen zählen insbesondere:
- Vermögenswerte, die bereits vor der Eheschließung vorhanden waren (klassisches Anfangsvermögen)
- Unentgeltlich erhaltene Zuwendungen während der Ehe, z. B. Schenkungen oder Erbschaften
- Persönliche Gebrauchsgegenstände, etwa Kleidung, Schmuck oder Hobbyausrüstung, sofern sie nicht gemeinsam genutzt werden
- Schmerzensgeld, das wegen seines höchstpersönlichen Charakters geschützt ist
- Ersatzanschaffungen, die mit Mitteln aus dem eigenen Vermögen finanziert wurden
Wichtig: Auch wenn solche Werte erst nach Beginn der Ehe zufließen, gelten sie als dem Anfangsvermögen zugerechnet und wirken sich damit zugunsten der jeweiligen Person beim Zugewinnausgleich aus.
Beispiel: Erbt Clara während der Ehe ein Ferienhaus, fällt dieses nicht in den Zugewinn. Stattdessen wird der Wert der Immobilie ihrem Anfangsvermögen rechnerisch hinzugerechnet, auch wenn sie die Erbschaft erst Jahre nach der Eheschließung erhält. Verkauft sie das Haus und kauft mit dem Erlös ein neues Grundstück, bleibt auch dieses dem Anfangsvermögen zugeordnet und damit vom Zugewinnausgleich ausgenommen.
Der Ausgleich in der Zugewinngemeinschaft im Erbfall
Die erbrechtliche Lösung
Stirbt eine Ehepartnerin oder ein Ehepartner, wird die Zugewinngemeinschaft automatisch beendet. Es erfolgt kein rechnerischer Ausgleich, sondern ein pauschaler: Der überlebende Ehegatte oder die überlebende Ehegattin erhält ein zusätzliches Viertel des Erbteils (§ 1371 Abs. 1 BGB).
Beispiel: Nach gesetzlicher Erbfolge steht dem Ehegatten ¼ zu und den Kindern ¾. Durch die Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Anteil des überlebenden Ehegatten auf ½, also ¼ gesetzlich + ¼ als pauschaler Zugewinnausgleich.
Die güterrechtliche Lösung
Erhält die überlebende Ehepartnerin oder der überlebende Ehepartner kein gesetzliches Erbe oder wird lediglich mit einem geringwertigen Vermächtnis bedacht, kommt anstelle der pauschalen Erbanteilserhöhung die sogenannte güterrechtliche Lösung zum Tragen.
In diesem Fall kann die überlebende Person einen konkreten Zugewinnausgleich nach den §§ 1373 ff. BGB verlangen. Dabei handelt es sich nicht um einen Erbteil, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch, der gegenüber den Erbinnen und Erben geltend gemacht wird und durchgesetzt werden muss, also wie eine normale Forderung auf Zahlung.
Zusätzlich kann der oder die Überlebende in vielen Fällen auch noch den sogenannten kleinen Pflichtteil verlangen, der sich aus den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften ergibt. Damit lässt sich der Ausgleich ergänzen, insbesondere wenn das Erbe ausgeschlagen wird.
Diese güterrechtliche Lösung ist vor allem dann vorteilhaft, wenn der oder die Verstorbene einen deutlich höheren Zugewinn während der Ehe erwirtschaftet hat. In solchen Fällen kann es für den überlebenden Ehegatten oder die überlebende Ehegattin finanziell günstiger sein, das Erbe bewusst auszuschlagen und stattdessen den konkreten Zugewinnausgleich einzufordern.
Beispiel: Nach dem Tod ihres Ehemannes erfährt Sabine, dass sie im Testament nur mit einem kleinen Vermächtnis bedacht wurde. Da ihr Mann während der Ehe ein hohes Vermögen aufgebaut hatte, wählt Sabine die güterrechtliche Lösung: Sie schlägt das Erbe aus und macht stattdessen ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend. Dadurch erhält sie unter Umständen mehr, als sie durch das Erbe bekommen hätte.
Gestaltungsmöglichkeiten durch Ehevertrag
Ehepartnerinnen und Ehepartner können von der gesetzlichen Regelung der Zugewinngemeinschaft abweichen, indem sie einen notariell beurkundeten Ehevertrag schließen.
Ein solcher Vertrag ermöglicht es, die Vermögensaufteilung individuell zu gestalten. So kann beispielsweise vereinbart werden, dass bestimmte Vermögenswerte – etwa Geschäftsvermögen – dem Anfangsvermögen einer Ehepartnerin oder eines Ehepartners zugeordnet und damit vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden. Auch der Verteilungsschlüssel beim Zugewinnausgleich kann vertraglich angepasst werden, etwa durch eine andere Gewichtung oder durch eine konkrete Begrenzung des Ausgleichsanspruchs.
Viele Ehepaare nutzen diese Gestaltungsfreiheit, um schon zu Lebzeiten klare Regelungen zu treffen oder um die Absicherung der überlebenden Ehepartnerin oder des überlebenden Ehepartners im Todesfall gezielt sicherzustellen.
Allerdings ist diese Vertragsfreiheit nicht grenzenlos. Die getroffenen Regelungen müssen fair sein und dürfen keine Ehepartnerin oder keinen Ehepartner unangemessen benachteiligen. Andernfalls kann ein Ehevertrag im Einzelfall ganz oder teilweise unwirksam sein.
Beispiel: Ein Ehepaar vereinbart, dass das Unternehmen eines Partners vollständig aus dem Zugewinnausgleich herausgenommen wird, um den Fortbestand des Betriebs zu sichern. Gleichzeitig wird festgelegt, dass im Todesfall der überlebenden Ehepartnerin oder dem überlebenden Ehepartner ein lebenslanges Wohnrecht sowie ein Mindestanteil am Gesamtvermögen zusteht. So wird ein individueller Ausgleich geschaffen, der beiden Seiten gerecht wird.
Der Ehevertrag als Liebeszweifel?
Trotz der rechtlichen Vorteile wird die Vereinbarung eines Ehevertrags auch heute noch von vielen Paaren gescheut. Häufig haftet ihm der Ruf an, eine Seite könnte dabei benachteiligt werden. Besonders in der Phase der Verlobung oder kurz nach der Heirat empfinden viele Menschen es zudem als unromantisch oder misstrauisch, die Ehe bereits im Hinblick auf eine mögliche Trennung oder den Todesfall vertraglich zu regeln.
Diese Zurückhaltung ist emotional verständlich – juristisch jedoch nicht notwendig, denn das Gesetz sieht mit der Zugewinngemeinschaft bereits eine faire und ausgewogene Regelung für durchschnittliche Fälle vor. Der gesetzliche Güterstand schützt insbesondere die Ehepartnerin oder den Ehepartner, die oder der sich während der Ehe hauptsächlich um Haushalt, Familie oder die Kinderbetreuung kümmert und deshalb in dieser Zeit kein oder nur ein geringes eigenes Einkommen erzielt.
Gerade für Paare ohne besondere Vermögensverhältnisse bietet die Zugewinngemeinschaft eine ausbalancierte Grundlage, die eine gerechte Vermögensaufteilung im Fall der Scheidung oder im Erbfall sicherstellt. Ein Ehevertrag kann dennoch sinnvoll sein – etwa bei Unternehmen, Immobilienbesitz oder komplexen Familienkonstellationen – und sollte deshalb nicht als Misstrauensbeweis, sondern als gemeinsame Absprache für den Ernstfall verstanden werden.
Erfordernis der notariellen Beurkundung des Ehevertrages
Ein Ehevertrag ist nur dann rechtswirksam, wenn er notariell beurkundet wird (§ 1410 BGB). Diese Formvorgabe dient dem Schutz der Eheleute: Sie soll sicherstellen, dass sich beide über die Tragweite und rechtlichen Folgen ihrer Vereinbarungen im Klaren sind.
Die Notarin oder der Notar ist verpflichtet, beide Vertragsparteien umfassend zu beraten. Das betrifft insbesondere die Auswirkungen des gewählten Güterstandes und alle Abweichungen von der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft. So wird gewährleistet, dass keine Seite benachteiligt wird und beide die rechtliche Bedeutung des Ehevertrags nachvollziehen können.
Darüber hinaus erfüllt die notarielle Beurkundung eine wichtige Beweisfunktion, vor allem im Erbfall oder bei Trennung. Sie sorgt dafür, dass der Inhalt und das Zustandekommen des Vertrags später rechtssicher nachgewiesen werden können.