Das Wichtigste in Kürze:
- Ein Nottestament ist nur in wirklichen Notlagen möglich, wenn eine notarielle Beurkundung nicht mehr rechtzeitig erfolgen kann, etwa bei akuter Lebensgefahr oder unerreichbarem Notariat.
- Es gibt im deutschen Recht drei mögliche Formen: vor der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister mit zwei Zeugen/Zeuginnen, vor drei unabhängigen Zeugen/Zeuginnen ohne Amtsperson oder auf See vor drei Zeugen/Zeuginnen an Bord eines deutschen Schiffes.
- Die Erblasserin oder der Erblasser muss den letzten Willen allen Zeugen/Zeuginnen gegenüber gleichzeitig erklären, die ihn anschließend schriftlich festhalten und unterschreiben.
- Ein Nottestament ist nur vorübergehend wirksam und erlischt grundsätzlich nach drei Monaten, wenn die Erblasserin oder der Erblasser noch lebt.
- Es ist eine Notlösung und kein Ersatz für ein formwirksames Testament und sollte nach Ende der Notsituation möglichst schnell ersetzt werden.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt drei Varianten von Nottestamenten: das Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB), das Dreizeugentestament (§ 2250 BGB) und das Seetestament (§ 2251 BGB). Alle drei sind an besonders strenge Voraussetzungen gebunden und nur vorübergehend wirksam (§ 2252 BGB).
Wann ist ein Nottestament erlaubt?
Ein Nottestament darf nur in echten Notsituationen erstellt werden. Die auftraggebende Person muss sich in akuter Lebensgefahr befinden und gleichzeitig unfähig sein, ein handschriftliches Testament zu verfassen oder einen Notar zu erreichen.
Typische Situationen sind schwere Unfälle, plötzliche Erkrankungen oder medizinische Notfälle. Ein Beispiel: Ein Geschäftsmann erleidet einen Herzinfarkt, die Ärzte geben ihm nur noch wenige Stunden. Er hat noch nie ein Testament gemacht und ein Notar ist nicht mehr erreichbar – jetzt kann ein Nottestament die Lösung sein.
Die drei zulässigen Arten des Nottestaments im Überblick
Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB)
Kann errichtet werden, wenn sich die Testierende in einer akuten Notsituation befindet und ein Notar oder eine Notarin nicht rechtzeitig erreichbar ist. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister nimmt den letzten Willen in Anwesenheit zweier Zeuginnen/Zeugen auf.
Beispiel: Frau Schneider liegt nach einem schweren Autounfall in einem kleinen Landkrankenhaus. Die nächste Notarin ist mehrere Stunden entfernt. Der Bürgermeister der Gemeinde, in der das Krankenhaus liegt, wird ins Krankenhaus gerufen und beurkundet in Anwesenheit zweier Krankenschwestern den letzten Willen.
Dreizeugentestament (§ 2250 BGB)
Wenn keine Amtsperson verfügbar ist, kann der letzte Wille vor drei gleichzeitig anwesenden, unabhängigen Zeugen/Zeuginnen mündlich erklärt werden. Diese schreiben ihn nieder und unterschreiben.
Beispiel: Frau Bauer liegt nach einem Schlaganfall in ihrer abgelegenen Almhütte im Allgäu. Drei Nachbarinnen hören ihren letzten Willen, halten ihn gemeinsam schriftlich fest und unterschreiben.
Seetestament (§ 2251 BGB)
Auf einem deutschen Schiff außerhalb eines inländischen Hafens kann ein Testament mündlich vor drei Zeugen/Zeuginnen errichtet werden, ganz unabhängig davon, ob eine Notlage vorliegt. Das gilt auf See-Reisen, nicht aber bei kurzen Ausflugsfahrten.
Beispiel: Kapitän Meier befindet sich mit seiner Crew mitten im Atlantik. Er erleidet einen Herzinfarkt, will seinen letzten Willen festhalten und erklärt ihn vor drei Besatzungsmitgliedern.
Wer darf nicht als Zeuge fungieren?
Aus den Vorschriften der §§ 2249 Abs. 2 Satz 3, 2250 Abs. 3 Satz 2 und 2251 Abs. 3 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 7 BeurkG ergeben sich einige wichtige personelle Einschränkungen. Danach dürfen nur unabhängige Personen als Zeuginnen und oder Zeugen bei einem Nottestament mitwirken. Wer selbst im Testament als Erbin oder Erbe, Vermächtnisnehmerin oder Vermächtnisnehmer oder in sonstiger Weise begünstigt wird, ist von der Zeugenschaft ausgeschlossen. Gleiches gilt für Ehegattinnen und Ehegatten, eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner sowie Verwandte in gerader Linie, also Eltern, Kinder oder Enkel, der begünstigten Person. Auch Personen, die in einem engen Abhängigkeits- oder Arbeitsverhältnis zur Erblasserin oder zum Erblasser stehen, gelten nicht als unabhängig, wenn dadurch ihre Neutralität infrage steht. Ziel dieser gesetzlichen Einschränkungen ist es, Interessenkonflikte zu vermeiden und sicherzustellen, dass der letzte Wille unvoreingenommen und glaubwürdig bezeugt wird.
Welche Formvorschriften gelten?
Allen drei Formen ist gemeinsam, dass die Erblasserin oder der Erblasser mündlich vor allen Anwesenden gleichzeitig erklärt, wie ihr oder sein letzter Wille aussieht. Diese Erklärung muss sofort schriftlich festgehalten und von allen Anwesenden unterschrieben werden. Spätere Änderungen oder Ergänzungen sind nur durch erneute Errichtung möglich. Ein gültiges Nottestament muss enthalten: Die Identität der sterbenden Person, die Bestätigung ihrer Testierfähigkeit und den wortgetreu aufgeschriebenen letzten Willen. Alle vorgesehenen Zeugen/Zeuginnen müssen unterschreiben. Falls die später versterbende Person noch unterschreiben kann, sollte sie das tun. Ist das nicht möglich, bleibt das Testament trotzdem gültig. Es muss allerdings der Grund vermerkt werden, weshalb die Erblasserin oder der Erblasser selbst nicht mehr unterschrieben hat (z.B. Ausfall motorischer Fähigkeiten).
Gültigkeitsdauer des Nottestaments
Die Gültigkeitsdauer eines Nottestaments ist gesetzlich auf einen nur sehr kurzen Zeitraum beschränkt. Nach § 2252 Abs. 1 BGB wird ein Nottestament unwirksam, wenn seit seiner Errichtung drei Monate verstrichen sind und die Erblasserin oder der Erblasser noch lebt.
Die kurze Frist soll verhindern, dass ein in einer Ausnahmesituation erklärter letzter Wille dauerhaft gültig bleibt, obwohl die besondere Notlage längst vorbei ist. Das Nottestament ist nur als vorübergehende Notlösung gedacht, um schnell eine Lücke zu schließen, bis die Erblasserin oder der Erblasser wieder in der Lage ist, ein reguläres, rechtssicheres Testament (zum Beispiel handschriftlich oder vor einer Notarin oder einem Notar) zu errichten.
Die Dreimonatsfrist läuft nicht, solange die Gefahr oder Notlage, die zur Errichtung geführt hat, noch andauert; bei einem Seetestament beginnt sie erst, wenn die Reise beendet ist. So stellt das Gesetz sicher, dass diese besondere Testamentsform wirklich nur für den Ausnahmefall genutzt wird und der Nachlass möglichst bald durch eine sichere, endgültige Regelung gestaltet wird.
Fazit: Das Nottestament als Provisorium für den Notfall
Ein Nottestament ist dazu gedacht, den letzten Willen in einer Ausnahmesituation schnell und wirksam festzuhalten. Es ist jedoch von vornherein nur als vorübergehende Regelung angelegt und verliert deswegen folgerichtig nach drei Monaten seine Gültigkeit, wenn die Erblasserin oder der Erblasser noch lebt und die Möglichkeit einer ordentlichen Nachlassregelung besteht. Damit ist klar: Diese Testamentsform kann und soll ein reguläres, formwirksames Testament nicht ersetzen. Wer nach einer Notlage wieder in der Lage ist, sollte zeitnah eine dauerhafte, rechtssichere Verfügung treffen, am besten durch notarielle Beurkundung. So bleibt die Nachlassgestaltung verbindlich, Streit unter Erbinnen und Erben wird vermieden und der eigene Wille langfristig abgesichert.