Erbeinsetzung in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Nichteheliche Lebensgemeinschaften, also Paare, die ohne Trauschein zusammenleben, sind heute gesellschaftlich weit verbreitet. Rechtlich gelten für sie jedoch andere Regeln als für Ehepaare. Besonders im Erbfall kann das weitreichende Folgen haben. Denn ohne Testament oder Erbvertrag erbt die Partnerin oder der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nichts. Umso wichtiger ist eine gezielte Vorsorge.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft besteht kein gesetzliches Erbrecht zwischen den Partnerinnen oder Partnern.
  • Wer möchte, dass die Lebensgefährtin oder der Lebensgefährte im Todesfall erbt, muss das ausdrücklich durch Testament oder Erbvertrag regeln.
  • Es besteht kein automatischer Anspruch auf den Pflichtteil, wie er Ehegattinnen oder Ehegatten zusteht.
  • Die testamentarische Erbeinsetzung kann durch Vermächtnisse oder Auflagen ergänzt werden.
  • Steuerliche Freibeträge sind deutlich niedriger als bei Ehepaaren – was frühzeitige Nachfolgeplanung besonders wichtig macht.

Die rechtliche Situation unverheirateter Paare

Die Zahl der Eheschließungen in Deutschland nimmt seit Beginn des 21. Jahrhunderts stetig ab. Gleichzeitig steigt das durchschnittliche Alter bei der Heirat. Das zeigt: Das rechtlich verankerte Institut der Ehe passt nicht mehr zu allen modernen Lebensformen. Viele Paare entscheiden sich heute bewusst gegen die Ehe – nicht aus Bindungsscheu, sondern weil sich gesellschaftliche Vorstellungen und Lebensmodelle pluralisiert haben.

Auch ältere Menschen, die bereits verwitwet oder geschieden sind, gehen zunehmend neue Partnerschaften ein – oft ohne zu heiraten. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft gewinnt so weiter an Bedeutung. Dennoch bleibt die rechtliche Anerkennung dieses Lebensmodells begrenzt. Besonders im Erbrecht zeigt sich: Die gesellschaftliche Realität wird vom Gesetz bislang nicht in vollem Umfang abgebildet.

Warum müssen unverheiratete Paare besonders vorsorgen?

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft besteht, wenn zwei Menschen dauerhaft in einer festen Partnerschaft leben, ohne miteinander verheiratet zu sein. Sie teilen oft Haushalt, Alltag und finanzielle Verantwortung und stehen sich somit deutlich näher als bloße Mitbewohnerinnen oder Freundinnen.

Rechtlich ist diese Verbindung jedoch nicht mit einer Ehe gleichzusetzen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Paare, die nicht heiraten, sich bewusst gegen die rechtlichen Wirkungen der Ehe entschieden haben. Das hat zur Folge, dass das Eherecht, einschließlich Güterrecht, Unterhalt oder Erbrecht, keine Anwendung findet.

Seit 2017 gilt in Deutschland die Ehe für alle: Auch gleichgeschlechtliche Paare können heiraten und erhalten damit automatisch dieselben Rechte. Wer unverheiratet zusammenlebt, muss jedoch eigene rechtliche Regelungen treffen, insbesondere für den Erbfall.

Testament als wichtigstes Instrument der Absicherung

Mit einem Testament können individuelle Anordnungen und Verfügungen für den Todesfall, unabhängig von der gesetzlichen Regelung der Parentel- und Ehegattenerbfolge getroffen werden. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Die Erbeinsetzung

Ein Testament als „klassische“ Verfügung von Todes wegen ermöglicht es, die Erbfolge individuell zu gestalten. Die häufigste Form ist die Einsetzung einer Erbin oder eines Erben. Dabei können auch Personen berücksichtigt werden, die mit der verstorbenen Person nicht verwandt oder verheiratet waren, zum Beispiel die Lebensgefährtin oder der Lebensgefährte.

Die Erbinnen und Erben treten im Todesfall in die gesamte Rechtsstellung der verstorbenen Person ein, inklusive aller Vermögenswerte und Schulden. Bis zur sogenannten Erbauseinandersetzung bilden sie eine Erbengemeinschaft und können nur gemeinsam und einstimmig über den Nachlass verfügen.

Wichtig: Erbinnen und Erben haften mit ihrem eigenen Vermögen für die Schulden der oder des Verstorbenen. Die Einsetzung als Erbin oder Erbe sollte daher, insbesondere bei komplexen Vermögensverhältnissen, gut überlegt sein.

Das Vermächtnis

Eine Alternative zur Erbeinsetzung ist das Vermächtnis. Dabei wird einer Person ein bestimmter Vermögensvorteil zugewendet, z. B. ein Geldbetrag, ein Auto oder das Wohnrecht an einer Immobilie, ohne sie zur Erbin oder zum Erben zu machen.

Ein Vermächtnis hat Vorteile: Die begünstigte Person haftet nicht für Nachlassverbindlichkeiten, da sie keine Erbin oder kein Erbe wird. Sie hat jedoch nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der Erbengemeinschaft und muss diesen ggf. durchsetzen.

Beispiel: Ein unverheiratetes Paar lebt gemeinsam im Haus der verstorbenen Person. Wenn das Haus im Testament als Vermächtnis zugewendet wurde, darf die oder der Überlebende weiterhin dort wohnen ohne Erbin oder Erbe zu sein.

Besondere Gestaltungsmöglichkeiten

Neben der Erbeinsetzung und dem Vermächtnis bestehen weitere Möglichkeiten:

Vor- und Nacherbschaft

Hier wird zunächst eine Vorerbin oder ein Vorerbe eingesetzt, die bzw. der den Nachlass nur für eine bestimmte Zeit oder unter einer Bedingung erhält. Danach geht der Nachlass an eine Nacherbin oder einen Nacherben über.

Beispiel: „Meine Lebenspartnerin erhält mein Gemälde ‚Wintersonne‘. Nach ihrem Tod soll es an meinen Neffen übergehen.“

Nießbrauch und Wohnrecht

Gerade bei Immobilien ist es oft sinnvoll, nicht das Eigentum zu übertragen, sondern Nutzungsrechte einzuräumen:

  • Nießbrauch gibt das Recht, eine Immobilie zu bewohnen oder daraus Einnahmen zu erzielen (z. B. durch Vermietung).
  • Das Wohnrecht berechtigt ausschließlich zum Wohnen, nicht aber zur wirtschaftlichen Nutzung einer Immobilie.

Beide Rechte müssen als sogenannte „dingliche Rechte“ notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden. Sie bieten der überlebenden Partnerin oder dem überlebenden Partner Sicherheit, auch wenn die Immobilie an andere vererbt wird (z. B. an Kinder). Berechtigte eines dinglichen Nießbrauchs- oder Wohnrecht genießen absoluten Schutz, der im Grundbuch auch für jedermann ersichtlich ist.

Die rechtssichere Umsetzung

Ein Testament ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das klar und formgerecht erstellt werden muss:

  • Handschriftlich verfassen, unterzeichnen und datieren
  • Alternativ: notariell beurkunden lassen

Nur so ist sichergestellt, dass der Wille der verstorbenen Person rechtlich wirksam wird. Je klarer die Formulierungen, desto geringer das Risiko für spätere Auslegungskonflikte.

Wichtig: Pflichtteilsansprüche, insbesondere von Kindern, müssen immer beachtet werden. Diese gesetzlichen Mindestbeteiligungen lassen sich nicht vollständig ausschließen. Werden Pflichtteilsberechtigte im Testament „enterbt“, sieht das Gesetz zu deren Gunsten einen schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruch vor, den diese gegen die Erben oder Erbinnen haben.

Das Testament wird erst mit dem Tod wirksam, nachdem es durch das Nachlassgericht eröffnet wurde. Es sollte daher sicher aufbewahrt werden – am besten durch Hinterlegung beim Nachlassgericht. Eine reine Aufbewahrung zu Hause birgt das Risiko, dass es übersehen oder vernichtet wird.

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